Wer will nicht von diesem Funken erleuchtet werden? Und dass der Begriff Gott auch in der modernen Zeit säkulären Menschen etwas bedeuten kann, beweisen die Kuratoren: Alexander Ochs und Holger Kempkens, indem sie gemeinsam eine Ausstellung entwickelten, die scheinbar Widersprüchliches zusammenbringt.
Nicht weniger als der Bamberger Dom hat sich bereit erklärt seine über tausend Jahre alten Tore für Künstler*innen und deren Werke, von der klassischen Moderne bis zur zeitgenössischen Kunst, zu öffnen. Vielmehr das Diözesanmuseum Bambergs, das an den Dom gegliedert ist.
Und was passiert, wenn das Profane dem Sakralen gegenübertritt?
Wenn Künstler*innen Traditionen mit ihren eigenen Interpretationen hinterfragen?
Feministinnen wie Meret Oppenheim und Anke Feuchtenberger auf klassische Marienstauen treffen?
Die animistische Memento Mori, geschaffen von Leiko Ikemura sich zwischen Kaisermäntel und dem Ornat von Papst Clemens II legt?
Der Kopf von Wilhelm Lehmbrucks Madonna (ein Fragment, weil im Krieg beschädigt) vor einem Gemälde Guillaume Bruères und zwischen Leiko Ikemuras geisterhaften Gestalten (Der Schrei!) in den geheiligten Raum des Diözesanmuseums blickt?
Die Künstlerin Leiko Ikemura stellt sich der Auseinandersetzung in dem Artist Talk mit der Kunsthistorikerin: Lisa Seitz.
Ihre Formen seien bewusst, offen, leer. Der Funke nimmt seinen Raum ein.
Und die Memento Mori sei kein totes Wesen, dem gedacht wird. Diese schlafend-wache Skulptur, sei darüber hinaus gegangen.
In allen Räumen stehen sich Werke von Künstler*innen heiligen, gesegneten, angebeteten Figuren, Stoffen, liturgischen Gefäßen und mehr gegenüber.
Die Kopfskulptur Hans Josphsohns blickt in den Kreuzgang, der blutende Heiland in den Himmel:
Unterschiedliche weibliche Figuren. Richard Haizmanns Bronzemadonna, eine mittelalterliche Marienfigur und eine weibliche Brust aus Bronze: Caresse – von Leiko Ikemura:
Die Werke der zeitgenössischen Schöpfer*innen wurden nicht extra für dieses Aufeinandertreffen geschaffen. Sie existieren schon lange in Museen, Nachlässen, Sammlungen und Galerien, oder bei den Künstler*innen selbst.
Beate Höings Vogel – einer von tausend:
Yvonne Roebs Sündenfall:
Marina Abramovic küsst Ulay um ihr Leben:
Der sonst so provokative Nobuyoshi Araki wird mit zarten Handschuhen gezeigt:
Und auch Ernst Barlachs Engel, eine Vorstudie für den Güstrower Engel, liegt unter einer Haube. Noch schwebt er nicht.
Im Sammler Talk fragte Alexander Ochs den Sammler: Ivo Wessel, den Direktor der Stiftung St. Matthäus in Berlin: Hannes Langbein und mich, welche Intentionen, hinter der Passion nicht nur zu Sammeln, sondern die Werke auch auf Reisen zu schicken – sie zu zeigen – stehen.
Die Antworten waren so unterschiedlich wie die Sammler*innen selbst. Der eine bewahrt, die andere sucht. Alle eint die Leidenschaft für das Sichtbarmachen durch die Kunst und der Wunsch, diese Begeisterung mittels Ausstellungen zu teilen.
Auf jeden Fall haben alle magische Momente erlebt:
Die Ausstellung wird durch die Lichtinstallation Via Lewandowskis direkt zwischen den Domtürmen gekrönt.
Good God, wobei das O, was das Wortspiel ermöglicht, an und ausflackert. Wer mag da noch zweifeln?