Frauen wird gerne nachgesagt, dass sie eine Schwäche für Schuhe haben. Darüber lächelt man milde, spricht vom „Schuhtick“. Und wir alle haben uns schon irgendwann mal in Pumps gezwungen, wonach uns später die Füße bluteten. Wie bei Aschenputtel. Beziehungsweise bei ihren bösen Stiefschwestern:
„Ruckediguh… Blut ist im Schuh. Der Schuh ist zu klein. Die rechte Jungfrau sitzt noch daheim…“
Denkt man an die armen chinesischen Mädchen, denen sobald sie laufen konnten die Füße bis 1949 abgebunden wurden, so ist dieser Spruch geradezu zynisch.
Und dann diese alberne Mär von Frauen, deren größte Schwäche es sei, Schuhe zu kaufen… Harmloser Spleen… Was ist mit der wahnsinnigen Imelda Marcos, die innerhalb von zwanzig Jahren neben ihrem Mann das philippinische Volk in Hunger, Armut und Chaos geführt hatte? Neben anderen Gütern häufte sie eine Schuhsammlung von circa 1050 Paaren an.
Schuhe können ein Symbol der Verachtung sein. In der arabischen Welt werden Schuhe auf Politiker (George Bush) oder Exdiktatoren, beziehungsweies deren Statue (Saddam Hussein) geworfen, um den Unmut der Bevölkerung zu demonstrieren.
Schuhe sind Bekleidungsstücke, die es in die bunte deutsche Sprichwörterlandschaft geschafft haben. Projekte stecken in den „Kinderschuhen“. Manche Menschen muss man mit „Samthandschuhen“ anfassen. Und gerne schiebt man die Schuld jemand anderem „in die Schuhe“.
An dieser Stelle möchte ich drei Künstler*innen und ihre Auseinandersetzung mit Schuhen vorstellen.
Fangen wir mit Birgit Jürgenssen an, die ich auf der Ausstellung Feministische Avantgarde vor zwei Jahren in Wien entdeckte:
„Ich suchte nach einem neutralen Gegenstand, der jedem vertraut war“, beschrieb es Jürgenssen in einem Interview im Mai 2003 (Kunstforum International): „Schuhe schienen mir geeignete Objekte zu sein, um meinen erotischen und zynischen Fantasien und allen anderen Interpretationsmöglichkeiten freien Lauf zu lassen.“
(Estate Birgit Jürgenssen)
Weiter mit Nobuyoshi Araki, der bis zumMärz 2019 unter anderem seine Polaroids im CEO Berlin zeigte:
Der Bondage-Fetisch-Spezialist stellt sich mit seinen Polaraoid-Aufnahmen von (Hand)Schuhen gegen die erwartbare pornografisch-verstörend-anmutenden Bilder, die man sonst mit Araki verbindet. Und doch sind diese Bekleidungsstücke ein Spiel mit Fantasien, die gefüllt werden können.
Apropos Fantasie: Anke Feuchtenberger hat sogar Gummistiefel in einen poetischen, geradezu philosophischen Kontext gesetzt:
Der Palast:
Gibt es auch als Buch: Der Palast…
Last but not least die Queen of Surrealism: Meret Oppenheim und ihr Paar mit Ei:
„Bei Künstlern ist man es gewöhnt, dass sie ein Leben führen, wie es ihnen passt – und die Bürger drücken ein Auge zu. Wenn aber eine Frau das Gleiche tut, dann sperren alle die Augen auf“, sagte Meret Oppenheim 1975 bei der Verleihung des Kunstpreises der Stadt Basel – und folgerte: „Die Freiheit wird einem nicht gegeben, man muss sie sich nehmen.“
(HAZ Kultur 2013)
Schuhe sind ein Spiel mit Tabus und Geschlechterrollen. Sie haben eine starke Symbolkraft in Träumen und Märchen.
Wie schon Nancy Sinatra einst sang:
„These boots are made for walking, and that´s just what they´ll do. One of these days these boots are gonna walk all over you!“
(Lyrics: Lee Hazelwood)